Hund ist aggressiv: Allgemeines
Sind manche Hunderassen gefährlicher als andere?
Grundsätzlich gibt es bei jeder Hunderasse leichter erregbare und völlig entspannte Tiere. Trotzdem gilt die Annahme, dass verschiedene Hunderassen aufgrund ihrer Geschichte zu einem höheren Aggressionspotenzial neigen. Hierbei handelt es sich um Rassen, bei denen eine niedrigere Reizschwelle und hohe Beißkraft züchterisch erwünscht sind. In Deutschland werden diese Rassen in verschiedenen sogenannten Rasselisten geführt. Halter solcher „Listenhunde“ müssen bestimmte Eignungskriterien erfüllen, etwa eine Sachkundeprüfung oder ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis vorweisen. Listenhunde in Deutschland sind beispielsweise Mastiffs, Pitbull- oder Staffordshire-Terrier, wobei auch diese Hunde in sachgerechter Haltung und verantwortungsvoller Erziehung durchaus als friedliche Familientiere leben können.
Erziehung ist ausschlaggebend
Ausschlaggebend für das Verhalten deines Hundes bist letztendlich du. Du musst ihm beibringen, was du von ihm erwartest und wie er sich im Zusammenleben mit anderen Tieren und Menschen zu verhalten hat. Das heißt aber nicht, dass du dich in Selbstvorwürfen verlieren solltest, wenn dein Hund aggressiv reagiert. Die meisten Hundehalter handeln nicht in böser Absicht, sondern vielmehr aus Unsicherheit, Unwissenheit oder falsch verstandener Tierliebe. Und manchmal liegt das aggressive Verhalten deines Hundes gar nicht an dir selbst, sondern an früheren traumatischen Erlebnissen, zum Beispiel wenn du deinen Hund erst im erwachsenen Alter aus dem Tierheim gerettet hast.
Hund ist aggressiv: Ursachen
Die häufigste Ursache für ein aggressives Hundeverhalten gegenüber Menschen ist Angst und Wut. Dein Hund hat nun drei Optionen, wie er auf Angst bzw. Wut reagieren kann:
- Er läuft weg.
- Er freundet sich mit dem Feind an und beschwichtigt.
- Er verteidigt sich.
Weitere Ursachen für Aggression sind:
- Misslungene Sozialisation: Die Früherziehung der Hunde durch Artgenossen oder einen Menschen ist gestört worden oder ganz ausgeblieben.
- Isolierte Aufzucht: Der Hund wurde isoliert von anderen aufgezogen und kennt den Umgang mit anderen Tieren und Menschen nicht.
- Fehlerhafte Erziehung: Ungeeignete Trainingsmethoden, mangelnde Unterordnung unter den Menschen, aus Hundeperspektive verwirrendes Feedback oder fehlgeleitetes Verhalten sorgen für Konfliktpotenzial zwischen Mensch und Hund.
- Traumatisches Erlebnis: Der Hund hat ein Trauma in der Vergangenheit erlebt und reagiert aggressiv auf alles Unbekannte.
- Gezieltes „Scharfmachen“: Der Hund wird als Ersatz für eine Waffe oder als Vehikel für das eigene Selbstwertgefühl durch den Halter missbraucht.
- Angststörung: Der Hund befindet sich in einer (womöglich nur vermeintlich) bedrohlichen Situation und will sich verteidigen.
- Fehlgeleiteter Jagdtrieb: Manche Hunde interpretieren schnelle Bewegungen so, dass der Jagdreflex ausgelöst wird. Dann werden Jogger oder Radfahrer als „Beute“ verfolgt.
- Neurologische Probleme: Selten, aber nicht zuletzt kann aggressives Verhalten des Tieres auch durch krankhafte Veränderungen im Gehirn ausgelöst werden.
- Tollwut: In unseren Breiten zum Glück extrem selten, dennoch aber erwähnenswert, sind Infektionskrankheiten wie die Tollwut, die bei Hunden und anderen Tieren aggressives Verhalten auslösen können.
Wenn dein eigener Hund plötzliche Anzeichen von Aggressivität zeigt, ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Versuche herauszufinden, was der Auslöser für das streitbare Verhalten sein kann.
- Gab es Veränderungen im Leben des Hundes?
- Hat er ein besonderes Erlebnis gehabt, was ihm Angst macht?
- Muss er Ressourcen wie Futter oder Spielzeug verteidigen?
- Sind neue Menschen oder dominantere Hunde in seinem Umfeld?
Hund ist aggressiv: Formen
In der Realität sind die genauen Ursachen jedoch nicht immer so leicht zu benennen, wie es hier den Anschein hat. Es lohnt sich deshalb zunächst zu schauen, wann ein Hund aggressiv reagiert. Also in welchen Situationen beginnt er zu knurren und die Zähne zu fletschen? Reagiert er auf die Nähe eines Artgenossen nervös, glaubt er seine Schützlinge verteidigen zu müssen oder hat er Angst, jemand anderes könnte ihm sein persönliches Hab und Gut streitig machen? Je nach Grund unterscheidet man verschiedene Formen der Aggression beim Hund. So gibt es die:
- Selbstverteidigung: Ein Hund fühlt sich gegenüber einem Artgenossen unwohl oder in seiner Freiheit eingeschränkt.
- Schutzaggression: Familienmitglieder müssen vor Feinden geschützt werden.
- Wettbewerbsaggression: Zum Beispiel bei starker Bindung zu einem Objekt, etwa Futternapf oder Spielzeug, muss dieses vor anderen verteidigt werden oder zur Abgrenzung sowie Sicherung des eigenen Status im Rudel.
Wenn dein Hund aggressiv gegenüber anderen Personen reagiert, dann liegt es in seiner Wahrnehmung daran, dass sie
- unheimlich aussehen (z.B. wenn jemand einen Kapuzenpullover oder einen Schal trägt).
- in ihr Territorium eindringen.
- Blickkontakt suchen.
- deinen Hund streicheln.
- deinen Hund bedrängen.
- deinem Hund in der Vergangenheit weh getan haben oder deinen Hund an jemanden erinnern, der ihnen weh getan hat.
Eine entscheidende Rolle spielt nicht zuletzt die Lernerfahrung, die der Hund mit seinem aggressiven Verhalten bisher gemacht hat. Konnte er seine Wut abreagieren oder wurde er von seinem Halter dafür gelobt? Natürlich würden die wenigsten Besitzer ihren Hund bewusst belohnen, wenn dieser knurrt oder gar beißt. Dennoch versuchen wohl die meisten Halter ihren Hund zurückzuhalten, indem sie besänftigend auf ihn einreden („Alles ist gut, bleib ganz ruhig!“) oder ihn zur Beruhigung streicheln. Da Hunde jedoch in der Regel nicht die Worte, sondern nur den Tonfall ihres Herrchens oder Frauchens deuten können, bleibt beim Hund oftmals die Erkenntnis, dass diese ihm liebevolle Beachtung schenken, wenn er knurrt und bellt.
Hund ist aggressiv: Signale
Ein angriffslustiger Hund zeigt durch seine Körpersprache deutliche Warnzeichen. Sei vorsichtig, wenn der Hund knurrt oder dich drohend anstarrt, die Lefzen hochzieht und die Zähne fletscht. Sind diese Warnungen aus der Distanz erfolglos, kann der Hund schnappen oder Scheinangriffe ausführen, bevor er ernsthaft attackiert. Die Körperhaltung des Hundes ist angespannt, das Nackenfell aufgestellt.
Erfolgt die Aggression aus Angst, knickt das Tier mit den Hinterbeinen ein, macht einen runden Rücken und legt Ohren und Schwanz an. Nimm die Lautäußerungen und die Körperkommunikation des Tieres stets ernst: Ein Hundeangriff erfolgt selten aus heiterem Himmel.
Wenn du selber unvorbereitet auf einen aggressiven Hund triffst, versuche nach Möglichkeit, die Situation zu deeskalieren. Bleib stehen, denn Weglaufen stachelt den Verfolgungstrieb an. Bringe gegebenenfalls ein großes Objekt zwischen dich und den Hund. Wende den Blick ab und stelle dich seitlich hin, nicht frontal oder mit dem Rücken zu ihm gewandt. Bleib ruhig stehen. Schrei nicht und fuchtel nicht mit den Armen. Benimm dich so unauffällig wie möglich, so stehen die Chancen gut, dass der Hund das Interesse verliert. Nutzt das alles nichts und der Hund ist wild entschlossen zu beißen, halte ihm ein Ersatzobjekt, etwa eine Handtasche, entgegen.

Hund ist aggressiv: Wann Maulkorb?
Wenn dein Hund bereits ein sehr ausgeprägtes Aggressionsverhalten zeigt und du ängstlich oder unsicher bist, ob der Hund deinen Befehlen gehorcht, solltest du ihm einen Maulkorb anlegen. Keine Sorge, dies dient zunächst nur der Sicherheit und muss keinesfalls für immer sein. Wenn du deinen rauflustigen Vierbeiner erfolgreich umerzogen hast, kannst du getrost auf dieses „Accessoire“ verzichten. Damit das Anlegen des Maulkorbs nicht zur Qual wird, solltest du deinen Hund zunächst in den eigenen 4 Wänden behutsam daran gewöhnen.
Lege zum Beispiel Leckerlis in den Maulkorb, so dass dein Hund nur daran kommt, wenn er sein Maul in den Korb steckt. Nimm den Maulkorb nach ein paar Minuten wieder ab und lobe deinen Hund dafür mit Worten und einem weiteren Leckerli. Wiederhole diese Prozedur immer wieder und lasse den Maulkorb immer etwas länger angezogen. Nach einer Weile kannst du das Leckerli im Maulkorb weglassen und mitsamt Maulkorb einen ersten Spaziergang draußen unternehmen. Störe dich nicht an den Blicken anderer Leute, sondern gehe selbstbewusst und gelassen mit der Situation um. Du sorgst schließlich dafür, dass dein Hund niemanden verletzten kann.
Hund ist aggressiv: Maßnahmen
Gelassenheit und Selbstbewusstsein sind Eigenschaften, die du dir im Umgang mit deinem Hund und deiner Umwelt generell zu Eigen machen solltest. Hunde haben ein erstaunliches Gespür für die Stimmungen ihrer Menschen. Wenn dein Vierbeiner merkt, dass du unsicher und nervös bist, wird sich dieses Gefühl auf ihn übertragen. Er wird verunsichert sein und in den entsprechenden Situationen in „Alarmbereitschaft“ versetzt. Die Folge dieser Verunsicherung ist häufig, dass dein Hund glaubt, dich verteidigen zu müssen – und für das affektgesteuerte Tier bedeutet Angriff manchmal die beste Verteidigung.
Geh also selbstbewusst mit deinem Hund um. Versuche deine Nervosität in Situationen, in denen dein Hund aggressiv werden könnte, unbedingt abzulegen oder notfalls zu überspielen. Nach und nach wird er wieder Vertrauen in deine Kompetenz fassen und lernen, dass er sich auf dein Einschätzungsvermögen verlassen kann. Letztendlich muss dein verunsicherter und aggressiver Hund umerzogen werden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt empfiehlt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Besuche mit deinem Hund die Hundeschule oder ein gezieltes Coaching bei einem Anti-Aggressionstrainer.
Gehorsamsübungen und Verhaltenssteuerung
In einem Training übst du mit deinem Hund zunächst die wichtigsten Verhaltensweisen ein. Mit Gehorsamsübungen lernt er die grundlegenden Hör- und Sichtzeichen, wie das Herankommen auf Ruf, „Sitz“, „Platz“, „Bei Fuß“ und „Lass das“ („Aus“/„Stopp“). Erst wenn er diese Zeichen verlässlich befolgt, kannst du beginnen, deinen Hund für reizbare Situationen zu desensibilisieren. Der Hundetrainer wird dafür künstlich Situationen herstellen, in denen dein Hund aggressiv reagiert und alternative Verhaltensweisen mit dir und dem Vierbeiner einüben. Ein Mittel zur Behandlung von Aggressionsproblemen ist dabei die positive Verstärkung. Mit wiederkehrenden Belohnungen kannst du das Verhalten deines Hundes gezielt steuern und in eine gewünschte Richtung lenken.
Ein klassisches Beispiel ist das aggressive Verhalten gegenüber dem Postboten. Wenn du spazieren gehst und du den Postboten siehst, dann lenke deinen Hund z.B. mit seinem Lieblingsspielzeug ab. Beginne mit kleinen Schritten, damit du ihn nicht überforderst. Versuche seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Spielzeug zu richten, damit er vom Postboten nichts mitbekommt. Wenn dein Hund kein aggressives Verhalten zeigt, belohne ihn mit einem Hundeleckerli.
Übernimm die Führung
Der Besuch einer Hundeschule oder eines Anti-Aggressionstrainings wird sich nicht nur positiv auf das Verhalten deines Hundes, sondern auch auf eure Beziehung zueinander auswirken. Du wirst deine Fellnase besser kennenlernen und erfahren, wie du dich in kritischen Situationen mit ihr verhalten sollst. Nicht zuletzt wird dies zu mehr Selbstbewusstsein auf deiner Seite führen, das dir erlauben wird, souverän mit dem rauflustigen Hund umzugehen. Zeige deinem Vierbeiner deutlich, wer ab jetzt das Sagen hat, ohne übertriebene Strenge oder gar Gewalt, sondern mit Selbstsicherheit, Konsequenz und positiver Ausstrahlung. So lernt der Hund sich nach deinen Regeln zu richten, was wiederum nicht nur euren gemeinsamen Alltag erheblich vereinfachen, sondern auch für mehr Zufriedenheit bei deinem Hund sorgen wird. Denn jeder Hund sehnt sich nach Kontrolle und Orientierung durch seinen „Rudelführer“.
Überblick über die Maßnahmen gegen aggressive Hunde
- Erkenne die Ursache, warum dein Hund aggressiv ist.
- Prüfe, in welchen Situationen genau dein Hund aggressiv wird.
- Lege ihm zur Not vorerst einen Maulkorb an.
- Gehe generell selbstbewusst und gelassen mit deinem Hund um.
- Besuche eine Hundeschule oder einen Anti-Agressionstrainer.
- Übernimm die Führung.
Hast du einen aggressiven Hund? Erzähle uns von ihm hier in einem Kommentar.
Unsere Infografik zeigt Antworten von deutschen Hundehaltern zur Hundehaltung und deren Vor- und Nachteile. 44 % der Tierbesitzer haben mehr als 12 Jahre einen Hund. Meistens lebt ein Vierbeiner im Haushalt. Auch haben 32 % neben einem Hund auch eine oder mehrere Katzen. Vorteile eines Hundes sind besonders, dass sich der Hundehalter viel bewegt, der Hund treu ist und aufheitert. Nachteile sind vor allem die Hundesteuer und die vielen Haare.

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